Wir sind Vielfalt – Physiotherapieausbildung in einer Berufsfachschule!

Muss man in Zukunft studieren um ein gut qualifizierter Physiotherapeut zu werden?

Um einen Abschluss als staatl. anerkannter Physiotherapeut zu schaffen und als Voraussetzung dafür an einer Berufsfachschule angenommen zu werden, besuchte Ahmed einen Deutschkurs. Heute fährt er – da er weder Auto noch Führerschein besitzt – täglich mit den öffentlichen Nahverkehrsmitteln zur Schule. Was in unserem ländlichen Raum eine wirkliche Herausforderung darstellt. Den Deutschkurs konnte Ahmed aufgrund der sehr lernintensiven Ausbildung nicht mehr besuchen. Stattdessen begann er in der Küche einer Gastwirtschaft zu arbeiten. Sein Sprachniveau stagnierte und wirkte sich negativ auf seine Noten aus. Es folgten mehrere Gespräche mit der Schulleitung, die ihm nahelegte den Sprachkurs auf jeden Fall wieder aufzunehmen um den Ausbildungserfolg nicht zu gefährden. Es sah aber keinen Weg wie er dies zeitlich und finanziell bewältigen sollte. Dann ermunterte die Schulleitung ihn dazu seinen Nebenjob zu wechseln und stellte den Kontakt zu einer kooperierenden Einrichtung her. Heute leitet er Wassergymnastikgruppen an. Das öffnet ihm die Möglichkeit mit Menschen in Kontakt zu kommen und so Ausbildungsinhalte und Kommunikation anzuwenden und zu üben. Ahmed ist nun im dritten Ausbildungsjahr. Den Großteil der schulischen Ausbildung hat er bereits hinter sich gebracht; nun ist er mitten in der praktischen Ausbildung am Patient. Er behandelt Patienten oder leitet Gruppen an. Dies teilweise selbstständig oder in Supervision durch die Praxisanleitung der Einrichtung bzw. die Fachdozentin der Schule. Alle acht Wochen wechselt Ahmed in einem Rotationssystem die Einrichtungen und lernt so unterschiedliche medizinische Fachbereiche und Häuser (Krankenhäuser, Reha Kliniken, Physiotherapiepraxen etc.) und Teams – vielleicht auch schon seinen neuen Arbeitgeber ?– kennen. Vor ungefähr zweieinhalb Jahren ist Ahmed aus Syrien geflohen. Ob er überhaupt einen Ausbildungsplatz bekommt war aufgrund seiner anfangs recht mangelhaften Sprachkenntnisse lange nicht klar. Wir als Berufsfachschule waren überzeugt davon, dass er es schaffen kann und versprachen enge Begleitung und Unterstützung. Die ersten beiden Ausbildungsjahre waren nicht einfach und für uns alle eine Herausforderung. Aber Ahmeds Engagement und die Hilfe und Unterstützung seiner Mitschüler sowie der Schule haben dazu geführt, dass dieser junge Mann aus Syrien seine Ausbildung ohne Unterbrechung erfolgreich absolviert.

Judith bewarb sich mit einem schlechten Hauptschulabschluss bei uns, aber sie brannte im Vorstellungsgespräch für ihren Wunsch Physiotherapeutin zu werden. Nun arbeitet sie als examinierte Physiotherapeutin und es stehen ihr viele Wege offen. Auch ein Studium ist nach abgeschlossener Berufsausbildung und dreijähriger Berufserfahrung denkbar.

Das sind keine erfundenen Geschichten (wenngleich die tasächlichen Namen der Schüler hier nicht genannt werden) sondern Lebenslinien unserer Schüler. Schwangerschaft während der Ausbildung, Geburt des Kindes während der Examensprüfung, familiäre oder private Probleme, Liebeskummer der lernlähmend wirkt und wirklich ernsthafte Sinnkrisen – all das fordert uns als Schule tagtäglich heraus. Und diese Herausforderungen sind es, auf die wir als Berufsfachschule adäquat reagieren können. Wir haben unsere Schüler im Blick!

Menschen, die den Wunsch in sich tragen Physiotherapeut werden zu wollen, auf ihrem Weg fachlich und menschlich zu begleiten und sich dabei als Schule nicht durch Alter, schulische Abschlüsse, Religion, Nationalität zu begrenzen, sondern vielmehr allen die uns überzeugen und deren Potential wir sehen – im Rahmen unserer gesetzlichen Möglichkeiten –, die Chance zu geben eine Ausbildung bei uns zu beginnen, das bewegt uns. Das ist unser gemeinsamer Sinn. Das verstehen wir  – neben der fachglich hochwertigen Wissensvermittlung – als unsere Aufgabe und Verantwortung als Bildungsträger.

Lernen funktioniert – das hat jeder schon selbst erfahren – wenn man sich am Ort des Lernens wohl fühlt. Wenn man sich angenommen und wahrgenommen fühlt. Wenn Werte wie Toleranz, Respekt, Unterstützung wirklich gelebt und weitergegeben werden. Oft brauchen junge Auszubildende einfach mehr Zeit, andere Herangehensweisen als die rein kognitiven, gute Zuhörer und zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Impulse. Berufsfachschulen können aufgrund ihrer DNA solche Orte sein, an denen ein Bewusstsein für ein solches Miteinander zu finden ist. Sie haben eher überschaubare Strukturen, die Lehrer kennen ihre Schüler, es gibt einen Klassenverbund.

Berufliche Schulen integrieren und sind identitätsstiftend. Das ist wichtig für junge Menschen und für uns als Gesellschaft.

In diversen Branchen macht man sich die Natur zu Nutze um Innovationen auf den Markt zu bringen. Ein Blick in die Natur zeigt deutlich, dass Monokulturen nicht nachhaltig sind und Pflanzen in Gemeinschaft mit anderen Pflanzen einen höheren Ertrag abwerfen als Monokulturen (Studie der UZH aus 2014). Das lässt sich auch auf die Bildungslandschaft und im Besonderen die Physiotherapie ableiten. Deutschland als alternde Gesellschaft braucht Therapeuten. Wir können es uns nicht erlauben auf beispielsweise Hauptschüler mit guten Händen und einer hohen Sozialkompetenz in diesem Beruf zu verzichten.

In einem Land wie Deutschland, das auf jeden gut qualifizierten Therapeuten angewiesen ist und dessen Bildungslandschaft sich u.A. durch Bildungsvielfalt und Durchlässigkeit auszeichnet, müssen junge Menschen – insbesondere jene, die einen praktischen Beruf wie die Physiotherapie erlernen wollen – die Wahl haben wie sie ihn erlernen wollen. Dies zu ermöglichen sollte unser bildungspolitisches Motiv sein. Und es sollte ein Motiv sein, dass integriert, zusammenbringt statt ausschließt. Die Vollakademisierung zu fordern lässt keine Fragen zu. Dann gibt es einen Bildungsweg – den akademischen – der sich nur einer bestimmten Gruppe von Menschen öffnet.

Ich wünsche mir, dass sich junge Menschen in Zukunft weiterhin fragen können: Welcher Ausbildungsweg in die Physiotherapie ist der für mich (im Moment) geeignetste?

Und dann liegt es in der Verantwortung des jeweiligen Bildungsträgers die Qualität der Ausbildung – ob an der Hochschule oder einer Berufsfachschule – sicherzustellen.

Qualität entscheidet.

Wir waren nie die günstigste Schule, aber die Qualität unserer Ausbildung war bzw. ist es unseren Schülern wert.

Seit diesem Ausbildungsjahr übernimmt das Land Niedersachsen die Ausbildungskosten– das hat sich verändert – unsere Qualität bleibt.

Wer sich für eine Ausbildung zum Physiotherapeuten / zur Physiotherapeutin interessiert und sich von der Qualität unserer Ausbildung, der besonderen Atmosphäre und dem idyllischen Standort in Bad Laer überzeugen will, kann uns an unserem Infoabend am Mittwoch, den 13. November 2019 um 18 Uhr in unseren Räumlichkeiten kennenlernen. Weitere Informationen zu/r Schule, Ausbildung und Anfahrt findet ihr unter www.hueserschule.deauf facebook oder auf instagramm unter @hueserphysio.

Wir freuen uns auf euch,

herzlich Carola Scheffold

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